

Glaube muss Zeugen hören
Gott ver(w)orten. Seit 20 Jahren lehrt Univ.-Prof. Dr. Bernhard Körner Dogmatik an der Grazer Theologischen Fakultät. Die Suche nach Gott ist aber nicht nur akademisch.
Wenn so viele Menschen heute die Welt ohne Gott denken, ist das kein theologisches Problem. Es ist ein Drama der Menschheit! Denn von der Ignorierung zur absoluten Leugnung Gottes ist es nur mehr ein kleiner Schritt. Stefan Tobler, evangelischer Theologe im rumänischen Sibiu, rüttelt beim Symposion zum Thema „Gott ver(w)orten“ auf. Überwunden werden könne die Gotteskrise nur durch den Blick auf Christus, und zwar als wahrer Gott und wahrer Mensch, betont der Referent. Der Glaube müsse Zeugen hören. Eine Zeugin hebt Tobler besonders hervor: die Gründerin der Fokolarbewegung, Chiara Lubich. Sie schaute besonders auf Jesus, den Verlassenen. In den Leidenden erblickte sie das Antlitz Christi. Für Chiara Lubich gehörten drei Dinge zum Glauben angesichts des Leidens: Kein Verstummen. Keine Erklärung. Keine Verdrängung oder Beschönigung.

Einer, der die Suche nach Gott in unserer Zeit theologisch wie spirituell vorantreibt, ist der Grazer Dogmatiker Bernhard Körner. Die „loci theologici“, die Orte der Rede über Gott, gehören zu seinen Forschungsgebieten. Zu ihnen zählt er auch die Zeuginnen und Zeugen des Glaubens. Seine 20-jährige Tätigkeit an der Grazer Theologischen Fakultät wurde mit dem Symposium gewürdigt.
Theologen seien immer neue Gottsucher, predigte Bischof Egon Kapellari bei einem Gottesdienst im Priesterseminar im Rahmen des Symposiums. 20 Jahre habe Körner diese Gottsuche „mit großem Einsatz denkend, betend, anbetend und oft auch kniend“ betrieben und „als akademischer Lehrer, Seelsorger und glaubender Zeitgenosse versucht, anderen Menschen Christus und sein Evangelium einladend zu zeigen“. Dafür sei ihm ein großes Danke auszusprechen.
Eine Glaubenszeugin aus dem marxistischen und atheistischen Umfeld im Paris des 20. Jahrhunderts, Madeleine Delbrel, stellte Abt Maximilian Heim vom Zisterzienserstift Heiligenkreuz im Wienerwald vor. Für die „Mystikerin der Straße“, die nach einer atheistischen Phase eine Bekehrung erlebt hatte, gehören drei Zugänge zur Berufung des Christenmenschen: Zeugnis für Christus dort, wo man lebt. Mission im Sinne eines vollen Einsatzes, denn „Kirche ist nur, weil sie rettet“. Und Verkündigung, auch als wortlose Predigt durch die Hinwendung zum Nächsten.
Christa Baich von der Kongregation der Helferinnen, in Salzburg tätig, erschloss die Geistigkeit und die Exerzitien des hl. Ignatius von Loyola als Ort, Gott Raum zu geben. Bei Ignatius würden Gnade und Freiheit nicht gegeneinander ausgespielt, sondern stützten einander. Er rechne mit dem Wirken Gottes innerhalb und außerhalb der Kirche.
Dass Gott gerade deshalb schwer zu fassen sei, weil er gerade nicht der ganz andere sei, sondern in der Krippe oder am Kreuz ganz in die Nähe des Menschen komme, betonte der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Autor Martin Walser. An Hand von biblischen Erzählungen plädierte der Wiener Fundamentaltheologe Kurt Appel dafür, das Wort Gottes als „zweite Haut“ überzustreifen und Gott „hautnah“ zu begegnen. Dass auch nichtchristliche Religionen, die Physik und Orte außerhalb der Kirche für die Gottsuche und Rede von Gott bedeutend sind, erhellten die Religionspädagogin Doris Ziebritzki aus Rottweil, der Systematische Theologe Roman A. Siebenrock aus Innsbruck und Vincenzo di Pilato aus Apulien.
HERBERT MESSNER
◗ Der Dekan über Bernhard Körner
Charakteristisch für ihn sind: „Sicherstellen“, das liege einem Dogmatiker quasi im Blut; „Sorgen“ um das Wohl der Studierenden und Lehrenden; und „Befeuern“ für Wissenschaft, Seelsorge und Fokolare. (Reinhold Esterbauer)