

Kann Homöopathie Sünde sein?
Wer Globuli nimmt, weiß meist nicht viel über die Lehre der Homöopathie aus dem 19. Jahrhundert. Können Christen der alternativen Medizin bedenkenlos vertrauen? Wir fragten einen Pater und – als Privatperson – einen Bibelwissenschaftler.

Die Frage ist nicht, ob Homöopathie Sünde ist. Aber passen das dahinter stehende Menschenbild und das Christentum zusammen? Unter dem Stichwort Homöopathie wird heute in Apotheken sehr viel angeboten. „Die“ Homöopathie gibt es heute nicht. Vieles hat nur mehr wenig mit der ursprünglichen Lehre zu tun, die der deutsche Arzt Samuel Hahnemann erfunden hat. Er ist 1843 verstorben und war Freimaurer. Den christlichen Erlösungsgedanken lehnte er ab. Er wollte aber den ganzen Menschen mit Seele und Geist wiederherstellen. Darin steckt viel an religiösen Inhalten.
Die meisten Menschen, die homöopathische Medikamente einnehmen, wissen nicht viel über diesen Hintergrund. Wer ab und zu etwas schluckt, ist deswegen nicht vom Glauben abgefallen oder esoterisch und „verzaubert“, so dass er in die okkulte Welt der Geister geriete. Doch wenn man sich tiefer einlässt, kann man durch die Tür einer alternativen Heilmethode in die Welt der Esoterik geraten. Was schlucke ich an Ideen mit, wenn ich ein homöopathisches Mittel nehme?
„Du kannst dich selbst erlösen, wenn du das Mittel nimmst“
Naturwissenschaftler bemängeln, die Homöopathie sei mehr religiöse Heilslehre als seriöse Medizin. Man könne daran glauben oder nicht, aber sie nicht falsifizieren.
Das Problem an der Esoterik ist, dass sie das Individuum auf sich zurückwirft: Der Mensch könne sich selbst erlösen, wenn er das richtige Mittelchen anwende. Christlich dagegen ist der Weg der Gemeinschaft, der Liebe. In der Kirche erfährt der Mensch die gemeinsame Erlösung durch Gott. Esoterisch dagegen ist Monolog statt Dialog.

Leider gibt es sehr viel Unwissen und Polemik zum Thema Heilung, und auch die Homöopathie bekommt einiges davon ab. Zum Beispiel führen dänische Apotheken meist überhaupt keine einschlägigen Präparate, weil sie nicht „Humbug“, sondern Medizin verkaufen …
Viel zu wenig scheint bewusst, dass es in erster Linie immer die vertrauensvolle Beziehung zum Arzt ist, die heilt, und nicht so sehr das Medikament, und dass wir selbst ein sehr großes seelisches Potenzial mitbringen, das dadurch oder auch durch eine totale Neuausrichtung des Lebens eine große Heilkraft freisetzt (das ist in hunderten amerikanischen Dissertationen über Spontanheilungen gut belegt).
Die schweren chemischen Keulen tun meist des Guten viel zu viel
Ich persönlich habe jahrzehntelang gute Erfahrungen mit Homöopathie gemacht, vor allem bei den Kindern, und dort wieder besonders bei den Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich, wo die Antibiotika immer nur kurzfristig wirkten und dann die nächste Entzündung vorprogrammiert war.
Es braucht meiner Meinung und Erfahrung nach nicht viel, damit eine Änderung zum Positiven eingeleitet wird, und da tun gerade die schweren chemischen Keulen des Guten meist viel zu viel und schädigen deswegen. Bei der Homöopathie kann man zwar auch danebengreifen, aber da kommen Nebenwirkungen eher selten zum Tragen.
Auf eine ideologische Debatte würde ich mich nicht einlassen, aber die Medizin sagt doch: Wer heilt, hat Recht. Was heilt, kann so falsch nie sein, auch wenn wir es vielleicht schwer durchschauen oder nachvollziehen können.
Dass meine Augen sich öffnen
Die Anruferin klang verzweifelt. Sie und ihre Familie haben durch Homöopathie viel Gesundung erfahren. Doch in ihrer Gebetsgruppe meinen jetzt Leute, das alles sei esoterisch und „von der anderen Seite“, auch Schüssler Salze, Bachblüten oder Yoga. Wir fragten einen Pater in Wien, der eine Dissertation über Alternativmedizin verfasst hat. P. Clemens Pilar ist auch Autor von „Esoterik und christlicher Glaube“. – Über Heilung im Neuen Testament schrieb der frühere Grazer ao. Prof. für Neues Testament Peter Trummer „Die blutende Frau“ und „Dass meine Augen sich öffnen“ sowie „Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause“.