EIN_BLICK

Unterwegs im Slum: Missio-Mitarbeiterin Tabea Planz (vorne rechts) und Caritas-Sozialarbeiterin Rishma Patra (vorne links).

Eine neue Hütte für Sultana


Indien steht heuer im Zentrum des Weltmissions-Sonntags am 22. Oktober. Die Päpstlichen Missionswerke Österreich (Missio) machen dabei auf die von Armut geprägten Menschen etwa in den Slums von Kalkutta aufmerksam. Gemeinsam mit ihren Projektpartnern vor Ort helfen sie, Not zu lindern.

Im Slum Tangra, einem der unzähligen Armenvierteln der indischen Metropole Kalkutta, lauern so manche Gefahren. Besonders nachts. Sultana hält schützend die Hände um ihr Baby. Die junge Mutter macht sich große Sorgen und findet keine Ruhe. Sie lebt hier mit ihrer Familie in einer barackenähnlichen, nicht gemauerten Hütte aus Holz direkt an einem Abwasserkanal. Jederzeit kann die instabile Behausung ins Wasser abrutschen. Dazu kommt, dass durch heftige Regenfälle während der Monsunzeit das verschmutzte Kanalwasser blitzartig ansteigt und in die Hütten geschwemmt wird – mit all den Fäkalien der umliegenden Toiletten, auch einer Schlachtfabrik. Der Gestank ist dann kaum auszuhalten. Wegen des Abwasserkanals sind auch Ratten und Schlangen nicht weit. Die Tiere kommen vor allem in der Nacht immer wieder in die Hütte und sind eine große Bedrohung für die Kinder.

WOHNEN IM SLUM

Sultana lebt hier auf engstem Raum mit ihrer zwei Monate alten Tochter Jannat, ihrem Mann, ihrer Mutter und mit ihren fünf Geschwistern. Intimsphäre ist nicht gegeben. In der Hütte ist Pappe ausgelegt, damit sie nicht auf dem blanken, nassen Fußboden laufen müssen. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Toiletten sind meist nur ein Gestell aus Bambusstöcken mit Planen darum gespannt, darin liegen ein paar Bretter um ein Loch in den Boden. Es fehlt an fließendem Wasser. Strom ist teuer und es gibt ihn nur stundenweise. Gekocht wird mit Kohle auf kleinen Öfen meistens direkt vor der Haustüre. Die Menschen hier kämpfen ums Überleben. Viele Kinder leiden an Unterernährung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Um Geld zu verdienen, sammelt man z. B. Plastik, das in verschiedene Kategorien getrennt und an Unternehmen weiterverkauft wird. Frauen schuften oft als Haushaltshilfen. Manche Männer sind als Rikscha-Fahrer unterwegs oder arbeiten in den provisorischen Fabriken der Slums.

Sultanas Mutter mit Tabea Planz in der mit Pappkarton ausgelegten Hütte. Darunter befindet sich der blanke, feuchte Boden.

HOFFNUNG AUF STABILE HÜTTEN

Was die Wohnsituation betrifft, so gibt es einen Lichtblick für Sultana und ihre Familie. „Sie haben durch die Unterstützung der Missio-Projektpartner, den Salesianern Don Boscos, Aussicht auf eine neue stabile, sichere Behausung mit festem Fundament, einer Tür und einem Dach über dem Kopf. Künftig brauchen sie sich keine Sorgen mehr machen, dass die Hütte abstürzt und vom Abwasser geflutet wird“, sagt Tabea Planz. Sie ist bei Missio Österreich für Kinder und Jugendliche verantwortlich (Head of Young Missio). Im Mai war sie mit einem Missio-Team bei einen Lokalaugenschein in Kalkutta. „Wir haben viele Familien besucht. Manche haben schon solch ein neues Haus bekommen. Das Schöne ist, dass sie nicht teuer sind: Ein neues Dach kostet 46 Euro, eine Stahltür 85 Euro“, so die Missio-Mitarbeiterin. Der Salesianer Father Jijo weiß, wie wichtig das ist, denn so kommen die Menschen „raus aus den Elendshütten in ein einfaches, aber festes Heim, das sie schützt. Das gibt ihnen auch ihre Würde zurück.“ Das hygienische Problem lösen die Missio-Projektpartner mit Gemeinschaftsbädern samt Toiletten, die sich mehrere Familien teilen, sagt Tabea Planz.

BILDUNGSMÖGLICHKEITEN

Laut Schätzungen leben in Kalkutta, der Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen, 15 Millionen Menschen, ein Drittel davon in den von Armut geprägten Slums. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, so Tabea Planz, „denn die meisten Slumbewohner:innen sind nicht registriert und existieren für den Staat nicht.“ Abhilfe schafft hier ein weiterer Projektpartner von Missio Österreich – die örtliche Caritas Seva Kendra. „Sie sorgen dafür, dass die Menschen eine Geburtsurkunde bekommen, damit die Kinder aus den Slums geholt werden und die Möglichkeit haben, zur Schule zu gehen, bzw. die, die schon in einer Schule sind, bekommen eine Art Nachmittagsunterricht, damit sie mit dem Lernpensum mithalten können. Denn die Erfahrung, die wir von Missio Österreich weltweit machen, ist: Wer eine Schule öffnet, der sorgt dafür, dass die Kinder vor Kriminalität geschützt werden. Bildung ist der Schlüssel für eine höhere Lebensqualität“, sagt die Missio-Mitarbeiterin.

Neben der Schulbildung für Kinder schafft Seva Kendra auch Ausbildungslehrgänge vor allem für Frauen und junge Mädchen, etwa zu Näherinnen und Bäckerinnen. Zusätzlich werden u. a. Computerkurse und Hygieneworkshops angeboten. Wie den Salesianern Don Boscos, so ist auch für Rishma Patra, Sozialarbeiterin bei Seva Kendra, wichtig, den Menschen vor Ort dabei zu helfen, sich ein Leben in Würde aufzubauen. Sozialarbeit bedeutet für die Katholikin, „etwas zu schaffen, das Bestand hat und das Menschen dabei hilft, sich selbst zu helfen.“ Unterstützung wird dabei allen ermöglicht, egal welchen Glauben sie haben – ob Hindus, Muslime oder Christen. „Die Hilfe unserer Projektpartner ist bedingungslos.“

Sultana und ihre Familie freuen sich auf eine neue, stabile Hütte (Bild unten). 

AUSZEICHNUNG

Rishma Patra stammt aus einer wohlhabenden Familie in Kalkutta. Sie studierte Soziale Arbeit und hätte wohl überall gute Chancen, einen tollen Job zu bekommen, erzählt Tabea Planz. „Aber sie hatte Sehnsucht, in den Slums der Stadt tätig zu sein. Als wir mit ihr unterwegs waren, spürten wir, dass sie sehr willkommen und angesehen ist bei den Menschen. Dabei ist die Arbeit in den Slums gar nicht einfach, denn die Männer haben nicht unbedingt viel Interesse daran, dass die Frauen gestärkt werden und ihnen Bildung ermöglicht wird. Rishma versucht auch zu intervenieren, wenn es um Zwangsehen geht. Aber mit ihrem Feingefühl, ihrer herzlichen und wertschätzenden Art ist sie sehr beliebt. In den Slums kamen Väter auf sie zu und haben ihr die Babys auf den Arm gegeben und ihr erzählt, was ihnen fehlt, was sie noch brauchen“, berichtet Tabea Planz begeistert. Für ihre großartige Arbeit wird Rishma Patra im November in Wien mit dem Austria.On.Mission-Award „Emil“ von Missio Österreich ausgezeichnet. „Mit diesem Award holen wir jedes Jahr Menschen in den Mittelpunkt, die in der Gesellschaft sonst nicht gesehen werden, die aber die Welt positiv verändern. Sie sind für unsgroße Vorbilder.“ 

SUSANNE HUBER

Gebaut wird sie von den Salesianern Don Boscos, einem Projektpartner von Missio Österreich. Derzeit müssen sie noch in einer absturzgefährdeten Behausung an einem Abwasserkanal im Slum Tangra ausharren (Bild oben). 
Missio Österreich (3)

WELTMISSIONS-SONNTAG

Die katholische Kirche sammelt jedes Jahr am Weltmissions-Sonntag weltweit Spenden für die ärmsten Diözesen in den Ländern des globalen Südens. Katholische Pfarren auch in Österreich begehen den Tag traditionell am vorletzten Sonntag im Oktober (heuer am 22. 10.), dem Monat der Weltmission. Die Päpstlichen Missionswerke Österreich (Missio) begehen ihn im Zeichen der Solidarität mit den Ärmsten der Armen in Indien. Unterstützt werden u. a. Slumbewohner:innen in Kalkutta (siehe Reportage links) und Teepflückerinnen im Himalayagebirge.

Infos: www.missio.at

Nächster Artikel
X
Nächster Artikel
X
TELE TIPPS _
X
aus 42/22-10-2023
Dieser Artikel ist aus
X
42/22-10-2023

42/22-10-2023

2023-10-17

TITLE

Cover

IM_LAND

Cover

l „Martinstaten“ gegen fortschreitende Verarmung

Der Synodale Prozess der Weltsynode in Rom soll auch im Burgenland umgesetzt werden. Große Erwartungen gibt es deshalb an den offenen Meinungsaustausch.


Cover

l Erntedank gemeinsam feiern

Güttenbach. Kindergartenkinder brachten eine Erntekrone und Gaben zur Erntedankandacht. Klostermarienberg. Die Erntedankfest-Prozession führte in die Kirche zur gemeinsamen Messfeier. Pamhagen. Erntedankfest mit den Kommunionskindern sowie „alten“ und „neuen“ Ministranten. Pöttsching. Beim…


Cover

l FEDER_SPIEL

RECHENFEHLER Ein Mittagsteller im „Schutzhaus Zukunft“ auf der Schmelz in Wien kostet 8,50, ein Wurstsalat 8,90, alles andere mehr als 10 Euro, bis hin zum Gansl-Buffet um 35 Euro. Das Schutzhaus ist ja ein Gasthaus und kein Schutzhaus der Caritas für Mütter, Kinder oder Väter. Bundeskanzler Karl…

ÜBER_BLICK

l Papst will neue Morallehre

Zur Halbzeit der Weltsynode im Vatikan hat Papst Franziskus eine Neuausrichtung der christlichen Morallehre gefordert.


Cover

l Papst fordert Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza

Papst Franziskus hat die Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza und eine Beachtung der humanitären Regeln im Krieg gefordert.


l Chinesische Bischöfe verlassen Weltsynode vorzeitig

Offiziell aus seelsorglichen Gründen verlassen zwei Bischöfe aus China die derzeit laufende Weltsynode im Vatikan.


Cover

l Geschlechtergerechtigkeit gegen Teuerung

Einen Tag vor der Budgetrede von Finanzminister Magnus Brunner im Parlament gab es am Dienstag für Passantinnen und Passanten vor dem Parlament eine alternative Budgetrede zu hören.


l EZA: 140 Millionen von katholischen Organisationen

Im Jahr 2022 haben katholische Organisationen in Österreich 140 Millionen Euro für die internationale Zusammenarbeit (EZA) und entwicklungspolitische Inlandsarbeit bereitgestellt.


Cover

l Wenn 27 Länder gleichzeitig wählen

Kritisch sein und sich eine Meinung bilden – dazu ruft der Politikwissenschaftler Gerd Valchars in Hinblick auf die EU-Wahl am 9. Juni 2024 auf.

EIN_BLICK

Cover

l Eine neue Hütte für Sultana

Indien steht heuer im Zentrum des Weltmissions-Sonntags am 22. Oktober. Die Päpstlichen Missionswerke Österreich (Missio) machen dabei auf die von Armut geprägten Menschen etwa in den Slums von Kalkutta aufmerksam. Gemeinsam mit ihren Projektpartnern vor Ort helfen sie, Not zu lindern.

TERMIN_SERVICE

Cover

l TELE TIPPS _

SONNTAG 22. OKTOBER 8.55 Katholischer Gottesdienst aus der Pfarrkirche Eggelsberg, Oberösterreich. ServusTV 9.30 Evangelischer Gottesdienst aus der Glaubenskirche Simmering A.B., Wien. ORF 2 10.00 Katholischer Gottesdienst aus dem Liebfrauenmünster in Ingolstadt. BR 10.50 Zeit und Ewigkeit. Gedanken…


l radiophon

Morgengedanken von Aglaia Maria Poscher-Mika, Feldkirch. So/Do 6.10, Mo–Mi/Fr/Sa 5.40, Ö2 Zwischenruf. Geschichten zur Zeit. So 6.55, Ö1 Religion auf Ö3. So zwischen 6.30 und 7.00, Ö3 Lebenskunst. So 7.05, Ö1 Katholischer Gottesdienst zum Weltmissionssonntag aus der Stiftskirche St. Peter, Salzburg. So…

CARITAS_BURGENLAND

Cover

l Caritas gegen Einsamkeit

Einsamkeit ist nicht erst seit Corona eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Scheidung, der Tod eines geliebten Menschen, Immobilität, Krankheit, wenig Geld oder Armut sind nur einige Beispiele, warum Menschen vereinsamen. Die Caritas beobachtet schon lange: Einsamkeit nimmt zu und sie ist…

SONNTAG_

Cover

l Für alle danken?

PSALM_ Singet dem Herrn ein neues Lied, singt dem Herrn, alle Lande! Erzählt bei den Nationen von seiner Herrlichkeit, bei allen Völkern von seinen Wundern! Denn groß ist der Herr und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter. Denn alle Götter…

GEIST_REICH

Cover

l Damit der Austausch gelingt

Beinahe 500 Personen nehmen am weltweiten Synodentreffen von 4. bis 29. Oktober in Rom teil. Damit sie einander trotz verschiedener Sprachen, Hintergründe und Meinungen zuhören können und das Treffen Früchte trägt, praktizieren sie die „spirituelle Konversation“. Was das ist und wie sie auch in kleineren Gruppen gelingen kann, zeigt diese Serie.

LESER_FORUM

Cover

LEBENS_WEISE

Cover

l Kleine Biester loswerden

Sie wohnen mietfrei in unseren Häusern und Wohnungen und lassen sich oft schwer bekämpfen: Lebensmittelmotten, Silberfischchen und Bettwanzen. Aber es gibt Lösungen.


Cover

l Andalusischer Flamenquín

ZUTATEN FÜR 4 PERSONEN • 4 Schweineschnitzel • 8 Scheiben Serrano-Schinken • 4 – 8 dünne Scheiben Manchego-Käse • 2 Eier • Semmelbrösel • Mehl • Salz • Pfeffer • Olivenöl ZUBEREITUNG Das Fleisch so flach ausklopfen wie möglich (es wird später eingerollt) und dann je nach Geschmack mit Salz und Pfeffer…

WERT_VOLL

l Veranstaltungen

Sa. 21. 10. | 20 Uhr Martinsdom Eisenstadt Jugendvigil Für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Mo. 23. 10. | 19 Uhr Pfarrzentrum Apetlon „Was sagt uns die Bibel zu den Engeln“ Patrizierrunde des Präsidiums der Legio Mariens Apetlon Di. 24. 10. | 19 Uhr Literaturhaus Mattersburg (Krieg und Welt) …


Cover

l TIPP

Tag der offenen Tür Zum bereits 20. Mal findet am 26. Oktober 2023 in burgenländischen Museen der „Tag der offenen Tür“ statt. In diesem Jahr sind es 36 Museen und Sammlungen, die sich an dieser Initiative des Kulturreferates beteiligen. Auch das…

TERMIN_TIPPS

Cover

l Namenstage der Woche 

Johannes Paul II. | 22. Oktober Johannes Paul II. (* 18. 5. 1920, † 2. 4. 2005) war der erste polnische Papst und trug maßgeblich zum Fall des Kommunismus bei, kritisierte aber auch stark die Auswüchse des Kapitalismus. Er besuchte als erster Papst die Synagoge in Rom und nannte die Juden die „…


l Liturgie Lesejahr A | Lesereihe 1

Sonntag, 22. Oktober 29. Sonntag im Jahreskreis, 1. Woche Weltmissionssonntag – Fürbitten! L1: Jes 45,1.4–6 L2: 1 Thess 1,1–5b Ev: Mt 22,15–21 Montag, 23. Oktober Hl. Johannes von Capestrano L: Röm 4,20–25 Ev: Lk 12,13–21 Dienstag, 24. Oktober Hl. Antonius Maria Claret L: Röm 5,12.15b. 17–19.20b–21…

Uncategorized

Cover

l ZEIT_BILD


Cover
DENK_MAL

l Kleine Zeichen von oben

Vor Kurzem stellte sich mein Zählwerk auf 45 Jahre; kaum zu glauben, dachte ich, gab es in der Vergangenheit doch oft Momente, wo es knapp war usw. Jedenfalls nahm ich meinen privaten Jahreswechsel zum Anlass, um eine Reise durch Spanien, Frankreich und Italien zu machen, um einerseits…


Cover

l UNTER_UNS

KURZ-SICHTIG Parteipolitik ist nicht mein Geschäft, als Christ beschäftigt mich aber die Frage der politischen Kultur und das Profil jener, die Politik machen. Auch früher war in der Politik nicht alles gut, manches aber vielleicht ehrlicher, bodenständiger, lebensnäher, demütiger, nicht nur dem…